Matthäus 7, 21-23

Es werden nicht alle, die zu mir sagen: HERR, HERR! ins Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel. Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: HERR, HERR! haben wir nicht in deinem Namen geweissagt, haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben, und haben wir nicht in deinem Namen viele Taten getan? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie erkannt; weichet alle von mir, ihr Übeltäter! (Matthäus 7, 21-23)

Donnerstag, 12. Mai 2016

Von der Suche


Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,

stellt Euch einmal folgendes vor: Ihr betretet eine riesige Bibliothek mit mehreren Etagen, hunderten von Regalen und abertausenden von Büchern. Und Ihr möchtet ein bestimmtes Buch finden, wisst jedoch nicht, wie es aussieht, welchen Titel es trägt, oder wer es geschrieben hat. Ihr wisst rein gar nichts, steht aber jetzt vor diesem erdrückenden Überangebot, und spürt das Verlangen, das eine bestimmte Buch zu finden. Euer Verlangen wird euch letztlich dazu veranlassen, mit dem Herumstöbern zu beginnen: Ihr wandert durch die Regale und Etagen, schnuppert in unterschiedlichste Bücher hinein, stets in der Hoffnung, einen Hinweis darauf zu finden, welches das richtige Buch letztlich sein könnte. Hier schnappt Ihr einen möglichen Autoren auf, dort einen möglichen Inhalt, und an anderer Stelle vielleicht sogar ein passendes Äußeres. Aber diese Suche dauert sehr lange und ist mühsam: Stunden um Stunden vergehen, immer wieder wollt Ihr aufgeben, und immer wieder verändert sich der Eindruck, welcher sich in Euch von dem gesuchten Buch gebildet hat. Was eben noch als roter Faden erschien, ist im nächsten Moment schon wieder dahin. Eure Unrast läßt Euch irgendwann verzweifeln, verzagen - Ihr beginnt an der Situation zu verzweifeln. "Ich will das eine bestimmte Buch! Es muß hier doch irgendwo sein!" schreit es in Euch, aber Ihr findet es nicht.

Diese Suche, liebe Brüder und Schwestern im Herrn, ist ein Gleichnis und kann mitunter ein ganzes Leben dauern. Denn Sie ist uns eingegeben seit dem Augenblick, in welchem Gott zu uns gesagt hat: "Ich will, daß Du bist!", und wir begannen, im Leib unserer Mutter heranzuwachsen. Dieses Verlangen, welchem ich in obigem Beispiel mit der Suche nach einem ganz bestimmten Buch beispielhaft skizzierte, ist so etwas wie ein Loch in unserem innersten Kern, unserem Herzen. Wir spüren unbewußt ein unbestimmtes Verlangen in uns - gleichsam einer Stelle, die leer ist, und gefüllt werden will; eine Stelle, an der wir unvollständig sind. Und auf unserem Weg durch das Leben treibt uns die Suche nach der passenden "Füllung", nach unserer Vollständigkeit, immer wieder um.

Aber die Welt um uns ist wie jene Bibliothek aus dem Beispiel: Sie überflutet uns mit einem ungeheuren Angebot aller möglichen Dinge, die vielleicht an dieser leeren Stelle in unserem Herzen passen könnten: Sekten, Religionen, Aberglaube, Materialismus, Reichtum, Erfolgt, Lust...Unzähliges liesse sich hier aufzählen, und wie grundverschieden diese Dinge auch voneinander sind, sie können diese Stelle niemals füllen. Sie können uns niemals vervollständigen. Bestenfalls täuschen wir uns darüber für eine gewisse Zeitspanne hinweg: Aber die Leere kommt früher oder später wieder. Und wir fühlen uns immer wieder erneut gezwungen, auf die Suche zu gehen. Das Schlimme daran ist, welch katastrophale Auswirkungen diese falschen Funde haben können: Sie können unter Umständen nicht nur unser eigenes  Leben zerstören, sondern auch das unserer Mitmenschen. Diese falschen Funde: Sie können ausarten in Perversionen, Süchte, Machtgier, Herzlosigkeit und vieles andere, daß immer nur zerstörerisch wirken kann und muß. Denn die Stelle, an welche wir unsere falschen Funde einsetzen, ist eigentlich für etwas anderes gedacht: Sie ist gedacht für die Liebe und die Wahrheit - sie ist für Gott gedacht. Er allein ist durch sein Wesen her das einzige Stück, welches sich in diese leere Stelle in uns, unserem Herzen, einpassen läßt, und so perfekt passt, daß wir nie wider das Bedürfnis haben werden, Suchen zu müssen.

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, machen wir uns das bewußt, und verkündigen es bei jeder sich bietenden Gelegenheit: Nur Gott kann uns Vollständig machen. Nur er kann uns "heil" machen im besten Sinne. Er heiligt uns durch sich - dadurch, daß wir ihn in unser Herz einlassen, an diese innerste leere Stelle, werden wir heil, und ganz Mensch - so wie Gott uns geschaffen hat, als sein Abbild. Lassen wir nicht all diese falschen Funde ein in unser Herz und nehmen so dem Herrn den Platz, den er doch für sich in uns vorgesehen hat. Denn ist Gott in unseren Herzen, dann erst leben wir! Dann erst bekommt alles seinen Sinn - wird die Welt vor unseren Augen gewissermaßen neu geordnet. Was vorher sinnlos schien, das offenbart sich uns nun als sinnvoll. Wo wir Hoffnung fahren liessen, erwächst uns neue Zuversicht. Wo wir geschwächt waren, erhalten wir neue Stärke. Wo uns die Angst beherrschte, schöpfen wir neuen Mut. Wo der Sturm uns umhergewirbelt hat, haben wir nun ein festen Anker. Wo wir im Labyrinth verloren waren, erblicken wir nun den rechten Pfad, der uns nach Hause führt. Dorthin, wo das ganz bestimmte Buch für uns bereitliegt, nachdem wir so bedürftig sind.

Lasset uns beten:

Allmächtiger Vater,

ich bitte Dich, erhöre dies unser Gebet,
daß Du uns mit Deinem Geist erfüllen magst,
der uns heilt, und Deinen Willen uns offenbart.
Gib, daß wir Deine Liebe erkennen,
und unser Herz nicht den Versuchungen dieser Welt
anheim fallen lassen.
Führe und leite uns auf dem Weg zu Dir,
und vergib uns unsere Verirrungen.

Allmächtiger Vater,
wir bitten Dich auch für all unsere Mitmenschen,
deren Herz erfüllt ist mit Götzen und Versuchungen,
auf das sie Wahrheit erkennen und sich bekehren mögen.
Darum, und um Deinen Segen für uns,
und alle Suchenden,
bitten wir Dich durch Deinen eingeborenen Sohn,
unseren wiederauferstandenen Herren und Erlöser,
Jesus Christus, und in der Kraft des Heiligen Geistes,

AMEN.

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