Matthäus 7, 21-23

Es werden nicht alle, die zu mir sagen: HERR, HERR! ins Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel. Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: HERR, HERR! haben wir nicht in deinem Namen geweissagt, haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben, und haben wir nicht in deinem Namen viele Taten getan? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie erkannt; weichet alle von mir, ihr Übeltäter! (Matthäus 7, 21-23)

Donnerstag, 30. Juni 2016

Das Böse

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,

warum läßt Gott all das Böse in der Welt zu? Das haben sich wohl schon viele gefragt, und auch für mich ist es manchmal schwer zu verstehen, wie unser liebender, gütiger und barmherziger Gott, solche Dinge geschehen lassen kann.

Zunächst wollen wir uns aber daran erinnern, daß wir nur Menschen sind. Gottes Wege zu verstehen ist uns nicht gegeben, denn sonst müßten wir ja selbst Gott sein. Und nur, weil wir etwas nicht verstehen, heißt das auch nicht, daß es nicht existiert oder nicht wahr ist. Und so ist es auch mit dem Bösen: Wir verstehen nicht, warum es existiert, wenn unser gütiger Vater im Himmel allmächtig ist, aber dennoch können wir es überall in der Welt beobachten.

Vielleicht aber ist die Frage nach dem Bösen deshalb so schwer zu beantworten, weil sie falsch gestellt wird: Wer sagt denn, daß es "Das Böse" als eigenständige Macht, als eine Art Entität, also das Böse an sich, überhaupt gibt? Viele würde jetzt vielleicht kontern mit der Behauptung, weil es auch einen Teufel gibt, und der ist eben "Das Böse". Nun, den Teufel gibt es zwar, aber dies belegt nicht eine etwaige Existenz des Bösen an sich. Denn der Teufel, also Satan, ist nichts anderes als ein gefallener Engel - und somit auch ein Geschöpf Gottes. Und von daher kann er genauso wenig "Das Böse" sein wir es sein können. Gott erschafft nichts, was böse ist, denn das wäre nicht seine Natur. Aber der Teufel kann, wie wir auch, sündigen - und er hat es auch getan, als er sich gegen Gott erhob. Und da Gott ihn daraufhin auf die Erde verbannte, war er, als "Ex-Engel", natürlich mächtiger als wir Menschen, aber eben schwächer als Gott. Somit wurde aus einem Engel des Himmels, der Fürst dieser Welt - der entsprechend seines sündigen Charakters dann ja auch Eva zum Sündenfall verführt hat. Halten wir also fest: Der Teufel ist die Reinform eines Sünders; aber er ist nicht "Das Böse".

Wenn also selbst der Teufel nichts "Das Böse" ist, was ist es dann? Es kann nur eine Antwort geben: Es existiert nicht. Es gibt nicht "Das Böse". "Das Böse" ist nur eine Art Fata-Morgana - ein Abstraktum, daß sich auflöst, sobald man versucht, es zu analysieren. Was es aber wirklich gibt, das ist die Sünde! Sie ist real. Aber auch sie ist, wie bereits gesagt, nicht "Das Böse"  -was wir als böse bezeichnen oder empfinden ist nichts anderes, als Sündhaftigkeit. Und diese Sündhaftigkeit ist ihrem Wesen nach nichts anderes, als der Mangel an Gutem. Denkt bitte genau darüber nach!

Da wir nämlich, gleichsam den Engeln, als Geschöpfe Gottes einen freien Willen besitzen, um Gott ebenso zu lieben, wie er uns liebt, können wir uns frei entscheiden, ob wir seinem Willen folgen, oder nicht. Und wenn wir uns entscheiden, seinem Willen nicht zu folgen, dann haben wir uns an dieser Stelle also nicht für das Gute entschieden. Es entsteht ein Mangel. Da wo wir hätten gut sein sollen, waren wir es nicht. Das hat mit dem Begriff "Böse" nichts zu tun. Eher würde der Begriff "Unterlassung" passen. Wer sich gegen Gottes Willen entscheidet, der unterlässt es, gut zu sein. Und damit haben wir die Sünde. Die Sünde ist die Unterlassung des Guten.

Blicken wir wieder in die Welt: Wenn ein Mensch einem anderen das Leben nimmt, hat er sich gegen den Willen Gottes entschieden. Wenn ein Mensch seinen Nächsten quält, ausbeutet oder mißachtet, entscheidet er sich gegen Gottes Willen, also Gott selbst. Und das ist die Sünde. Wir können noch einen Schritt weiter gehen und sagen: Wo die Sünde ist, weil man sich gegen Gott entschieden hat, da hat man Gott ausgeschlossen. Denn Gott mag allmächtig sein, aber er kann uns keinen freien Willen geben, wenn er uns in dem Moment, wo wir uns gegen ihn entscheiden, zwingt, wieder für ihn zu sein. Gott kennt keinen Zwang, den Zwang ist immer entgegengesetzt zur Liebe. Und Gott ist die Liebe. Somit macht es Sinn, wenn die Kirche lehrt, daß uns das Sündigen von Gott entfernt.

Bitte, liebe Brüder und Schwestern, macht Euch das ganz klar: Wenn wir sündigen, dann stellen wir uns Kraft unseres freien Willens, außerhalb von Gottes Liebe. Wir stellen uns selber ins Abseits. Wir schaffen einen Raum, in dem wir Gott keinen Platz lassen. Wenn wir also in diesem Raum agieren, dann sind wir den Konsequenzen unseres Handelns schutzlos ausgeliefert, weil Gott unseren freien Willen anerkennt - auch wenn er gegen ihn ist. Wer sich also gegen Gott versündigt, und diese Sünde nicht erkennt und bereut, daß heißt also, Gott nicht wieder einen Platz bei sich anbietet, der hat sich von Gott isoliert und kann nicht mehr mit dessen Beistand rechnen. Er hat sich in das Reich der Sünde begeben, die alles das ist, was nicht gut ist: Wo anstatt Liebe der Haß regiert, wo anstatt Wahrheit die Lüge herrscht, wo anstatt Treue der Betrug herrscht, wo anstatt Licht die Dunkelheit herrscht, und so weiter...Meine Lieben, das ist die Hölle! Wer eine Vorstellung davon bekommen will, was die Hölle ist, der stelle sich unsere Welt ohne eine einzige Tugend vor....ohne jegliches Gute: Ohne Hoffnung, ohne Liebe, ohne Licht, ohne Wahrheit, ohne Barmherzigkeit und ohne Frieden. Nur Gier, Haß, Neid, Lüge, Chaos und Gewalt...wer kann sich das ausmalen, und dann nicht wissen, was es heißt, wenn von den ewigen Höllenqualen gesprochen wird?

Im Himmel ist das Gegenteil der Fall: Dort gibt es keine Sünde. Und wenn wir vom Paradies sprechen, dann wollen wir uns unsere Welt als eine Ort vorstellen, an dem es keinerlei Sünde gibt - gemessen an dem, was ich über die Hölle geschrieben habe, muß das wahrhaft und ungaublich schön und erstrebenswert sein. Denn da, wo es keinerlei Sünde gibt - da ist Gott! Und dort wollen wir als Christen hingelangen, wenn wir von unseren Sünden gereinigt sind. Vielleicht verstehen wor jetzt auch, warum ein Mensch, der sich versündigt hat, nicht zu Gott gelangen kann: Denn Gott kann nur da sein, wo es keine Sünde gibt - den er ist der pure Widerspruch zur Sünde. Das exakte, vollkommene Gegenteil!

Wollen wir also abschließend festhalten:
  1. "Das Böse" gibt es nicht, es gibt nur die Sünde, also die Entscheidung gegen Gott
  2. "Der Teufel" ist nicht böse, sondern die Urform, die Reinform eines Sünders
  3. Die Sünde ist ein freiwilliges Abwenden von Gott, und ein hinwenden zum Teufel
  4. Wo Gott nicht mehr ist, also die reine Sünde herrscht, dort ist die Hölle
  5. Dort wo Gott ist, und keinerlei Sünde mehr existiert, da ist der Himmel
Daraus ersehen wir nun, warum in unserer Welt soviel vermeintlich "böses" passiert: Es ist die Sündhaftigkeit des Menschen, die sich immer wieder gegen Gott entscheiden, und dem Teufel einen Spielraum gewähren. Aber wir Menschen entscheiden uns ja nicht immer gegen Gott, und so ergibt sich ein Wechselspiel zwischen dem Guten und der Sünde. Und was die Macht des Teufels angeht - von der sich Satanisten ja soviel versprechen - so existiert sie nur dort, wo man Gott durch die Sünde ausschließt. Wo immer man aber Gott zuläßt, ist der Teufel abgemeldet.

Wundern wir uns also nicht darüber, daß es soviel Ungerechtigkeit in der Welt gibt - denn in uns allen steckt der Keim der Sünde. Und wann immer wir uns gegen die Sünde entscheiden, da geben wir Gott einen Raum in unserem Leben. Und wenn wir unsere Sünden aufrichtig bereuen, dann schenkt uns der allmächtige Vater die Vergebung: Denn Jesus Christus, Gott selbst, hat unsere Sünden durch sein Opfer bereits "bezahlt" - er hat den Teufel entmachtet, weil wir uns nun stets aus der Sünde heraus wieder zu Gott hinwenden können. Und daher ist es entscheidend, daß wir an Jesus Christus glauben - ohne diesen Glauben, leugnen wir sein Opfer - lehnen wir diesen einmaligen Liebesakt unseres Gottes ab, schließen uns von jeglicher möglichen Gemeinschaft mit ihm aus, und werden letztlich immer tiefer in unseren Sünden gefangen - dort, wo Gott nicht ist, da ist nur noch die Sünde, da ist der Teufel.

Liebe Brüder und Schwestern, denken wir stets daran, daß wir uns mit allem was wir tun, hin und wieder gegen Gott versündigen, und uns somit ein Stück von ihm abwenden. Beten wir dafür, daß wir diese Sünden erkennen mögen, und daß wir uns dann reue- und vertrauensvoll an den liebenden allmächtigen Vater wenden. Möge er uns unsere Verfehlungen vergeben und uns durch den Heiligen Geist die Kraft und Einsicht lehren, unsere Sündhaftigkeit in den Griff zu kriegen. Laßt uns das Wort Gottes in der Heiligen Schrift eine Lehre sein, die Sünde abzuwehren, sie zu erkennen, und durch Jesus Christus, unseren Herrn, zu überwinden.

Der Friede sei mit Euch!

Freitag, 3. Juni 2016

Das Herz Jesu

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,

am heutigen Tage wollen wir einen Blick auf folgende Zeilen der Heiligen Schrift lenken und ein wenig darüber nachsinnen:
"Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon gestorben war, brachen sie ihm die Beine nicht; sondern einer der Soldaten stieß mit dem Speer in seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus." (Johannes 19, 33-34)
Es ist eine überaus bildhafte Darstellung eines großen Mysteriums: Das Herz Jesu. Oft kann man das Herz unseres Herrn sehen, eingebettet in die Symbole geistlicher Orden, in christlichen Dokumenten und Bildern. Aber für was steht es und was soll es symbolisieren?

Zunächst einmal handelt es sich hier natürlich nicht um das Herz als Organ im biologischen Sinne. Es steht vielmehr für die Gesamtheit unseres Wesens, unserer Persönlichkeit. Das Herz symbolisiert das Zentrum all unserer Gefühle, Gedanken, Stimmungen, Stärken und Schwächen. Alles, was uns als Menschen ausmacht und charakterisiert, können wir uns als unser Herz vorstellen. Und so steht auch das Herz unseres Herrn Jesus Christus für sein ganzes Wesen als Mensch und Gott, für alles, was er uns lehrte vom Vater, für alle Werke, Wunder und Zeichen, die er tat, und nicht zuletzt für seine unendliche, göttliche Liebe.

Und dieses Herz Jesu wurde nach seinem Tode am Kreuz von der Lanze eines römischen Soldaten durchbohrt. Die Weltliche Macht, also menschliche Willkür, Machtgier und Politik, führte dazu, daß ein einfacher Soldat mit einem Speer (Pilum) Gott tötet. Sicher, Jesus starb nach der Heiligen Schrift bereits kurz vorher, aber dieser Zusatz, gleichsam einer Wiederholung, verstärkt die unglaubliche Dramatik und Bedeutung dieses Augenblickes, in dem die Welt über Gott zu triumphieren schien! Sie unterstreicht nicht nur den Tod, das Opfer, des leidenden Menschen und Gottes Jesus, sondern verweist auch auf die bevorstehende Auferstehung Jesu, und damit der kommenden Ereignisse an Pfingsten.

Denn was aus dem durchbohrten Herzen strömt, ist Wasser und Blut: Ebenfalls zwei starke Symbole: Das Wasser symbolisisert den weltlichen Tod und die Wiedergeburt im Heiligen Geist, und somit das ewige Leben - gemäß der Heiligen Schrift:
"Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen." (Johannes 3,5)
Und das Blut: Es steht für das Opfer Jesu, welches zur Vergebung unserer Sünden vergossen wird. Es unterstreicht den qualvollen Opfertod unseres Herrn, aber weist auch auf den Wein in der Eucharistie (Brot und Wein), die er eingesetzt hat.

Das Symbol des Herzens Jesu Christi verbindet gleichsam den unschuldigen Opfertod unseres Herrn mit der göttlichen Tat der Versöhnung mit Gott und dem Sieg über den Tod in der Auferstehung. Das Herz Jesu ist gewissermaßen das bildhafte Zentrum des Neuen Testaments. Es verkörpert in einem einzigen Bild den Kern unseres christlichen Glaubens - es steht für die Vergebung der Sünden, Aufopferung, Liebe, Barmherzigkeit, Ewiges Leben, Gnade, Unschuld und Treue. Es ist die bildhafte Offenbarung Gottes, des allmächtigen und liebenden Vaters.

Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir also das Symbol des Herzens Jesu erblicken, dann laßt uns innehalten. Ehrfürchtig und voller Liebe wollen wir dann an das Opfer unseres Herrn denken, und an das, was er uns an Gnaden geschenkt hat. Hierzu finden wir im Katechismus der katholischen Kirche (KKK):
"Die Gnade ist eine Teilhabe am Leben Gottes; sie führt uns in das Innerste des dreifaltigen Lebens: Durch die Taufe hat der Christ Anteil an der Gnade Christi, der das Haupt seines Leibes ist. Als ein „Adoptivsohn" darf er nun in Vereinigung mit dem eingeborenen Sohn Gott „Vater" nennen. Er empfängt das Leben des Geistes, der ihm die Liebe einhaucht und der die Kirche aufbaut." (KKK, 1997)
"Die Gnade Christi besteht darin, daß uns Gott ungeschuldet sein Leben schenkt. Er gießt es durch den Heiligen Geist in unsere Seele ein, um sie von der Sünde zu heilen und sie zu heiligen. Das ist die heiligmachende oder vergöttlichende Gnade, die wir in der Taufe erhalten haben. Sie ist in uns der Ursprung des „Heiligungswerkes" [Vgl. Joh 4,14; 7, 38-39]." (KKK, 1999)
Aber das Herz steht auch für die Leiden und Qualen unseres Herrn: Er litt für all unsere Sünden und Verfehlungen. Wenn wir das Herz Jesu betrachten, dann muß uns neben der Ehrfurcht und Liebe auch Demütigkeit, Wehmut und Dankbarkeit erfüllen, daß er diese Qualen selbstlos auf sich genommen hat. Weil wir böse sind und Sünder, hat sich Jesus, der die Unschuld in Person war, einem qualvollen Tod hingegeben. Und diese Qualen halten uns den bitteren Spiegel der Wahrheit vor Augen: Daß wir nämlich Sünder sind. Das wir durch uns allein nichts vermögen und dem Tode geweiht sind, und nur(!) dadurch gerettet sind, weil Gott sich, in seiner Liebe zu uns, seiner Schöpfung, selbst einem qualvollen Opfertod überantwortet hat.




Friede sei mit Euch!

Donnerstag, 2. Juni 2016

Ein Fleisch

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,


in der Heiligen Schrift heißt es:
"Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden sein ein Fleisch." (1. Mose 2, 24)
Unverkennbar geht es hier um das Verhältnis von Mann und Frau. Als "Ein Fleisch" sind sie geschaffen - was bedeutet das? Es liest sich so leicht, und doch steckt darin eine tiefe Wahrheit. Denn wenn wir die Worte "ein Fleisch" lesen, dann wissen wir, daß es dort um eine Einheit geht. Es wird nicht von zwei Seiten oder diversen Teilen gesprochen, die sich irgendwie zueinander verhalten - nein - sondern von einem Ganzen - einer Ganzheit. Das ist wichtig zu verstehen, denn hier finden wir das Geheimnis und die Grundvoraussetzung einer erfüllenden Beziehung. Der Ausdruck "ein Fleisch" steht immer für eine Ganzheit - für etwas Untrennbares. Für alles, das nicht mehr vollständig ist, wenn ein Teil des Ganzen fehlt. Und so können wir uns die Beziehung, als Synonym für "ein Fleisch", als etwas Größeres vorstellen, an dem wir Anteil haben, und in das wir uns einbringen.

Die Beziehung steht somit immer über uns: Sie ist größer als wir selbst. Wenn Mann und Frau erkennen, daß sie sich gegenseitig ergänzen, und durch ihr Für- und Miteinander dieses Größere erschaffen, nämlich die von Liebe und Hingabe erfüllte Beziehung, kann und wird der gemeinsame Lebensweg gelingen. Die Liebe und die Hingabe sind hierbei ganz besonders wichtige Begriffe, und untrennbar miteinander verbunden: Denn eine Liebe, die sich nicht hingibt, oder eine Hingabe, die nicht liebt, ist weder tragfähig noch wahrhaftig. Und so können wir ableiten, das die einfachen Worte "ein Fleisch" nicht nur für die Beziehung von Mann und Frau steht, sondern auch für die Liebe und Hingabe, welche die Beziehung tragen. "Ein Fleisch": Die Ganzheit von Mann und Frau in gegenseitiger Liebe und Hingabe.


Und nun werfen wir einen kurzen Blick in die Realität: Erkennen wir dort in dem, was sich Beziehung nennt, auch diese Ganzheit? Die Liebe und Hingabe von Mann und Frau als "ein Fleisch"? Ich kann diese Frage leider nicht mit einem "Ja" beantworten. Ich beobachte stattdessen Beziehungen, bei denen es sich lediglich um Zweckgemeinschaften handelt, welche als Werkzeug der kompromisslosen eigenen Erfüllung betrachtet werden. Die Liebe ist zum Synonym für Verlangen und Gier geworden - sie hat die Hingabe verloren. Sie ist zum Synonym der Lüge geworden, denn sie hat ihre Wahrhaftigkeit verloren. Wie wollen wir uns also Wundern, wenn Beziehungen nicht mehr gelingen? Wenn Ehen zerbrechen, wenn die Sexualität ausufert? Wenn Soziale Normen verschwinden und der Mammon den Menschen versklavt? Denn die Menschen wollen sich nicht mehr hingeben - sie wollen nicht mehr wahrhaftig sein - sie wollen sich nicht mehr einbringen in etwas Größerem, wie beispielsweise einer Ehe, die den Namen auch verdient: Sie wollen nur noch konsumieren - sich nehmen, wonach ihnen gelüstet. Sie wollen nichts wissen von Hingabe und all den Dingen, die dieses Wort beinhaltet. Sie wollen sich lieber "selbstverwirklichen". Der Mensch als Kreisel, dessen Achse sein Ego ist. Menschen, die inmitten ihrer Mitmenschen einsam sind, und sich nur um sich selbst drehen. Und so zerbrechen Beziehungen sofort, sobald Werte wie Verantwortung, Opferbereitschaft, Zurückhaltung  oder Kompromissbereitschaft von den täglichen Herausforderungen des Lebens eingefordert werden.

Und deswegen, liebe Brüder und Schwestern, wenn wir das Gefühl haben, mit unserer eigenen Beziehung liegt etwas im Argen, laßt uns der Worte "ein Fleisch" der Heiligen Schrift gedenken:

"Ein Fleisch": Fragen wir uns, ob auch wir in unserer Liebe zum Partner die Hingabe vernachlässigt haben - oder ob wir unsere Beziehung für die rücksichtslose Erfüllung unserer egoistischen Wünsche mißbraucht haben.

"Ein Fleisch": Was unserem Partner passiert, passiert auch uns - und was uns geschieht, das geschieht auch dem Partner. Denken wir daran, wenn wir uns dabei ertappen, mit dem Finger auf den anderen zu deuten. Sorgen wir dafür, daß unsere Hingabe nicht verblasst, und daß wir unseren Stolz zügeln und Fehler verzeihen können.

"Ein Fleisch": Besinnen wir uns darauf, daß kein Mann der Frau, und keine Frau dem Mann untergeordnet ist, sondern daß wir in einer Beziehung als Ganzes zusammengehören. Mann und Frau gehen gemeinsam durch das Leben, stellen sich gemeinsem den Herausforderungen und heiligen gemeinsam ihre Liebe durch gegenseitige Hingabe.


Auch wenn ein Freund oder Verwandter sich über Beziehungsprobleme beklagt, weist ihn auf Gottes Worte hin und sprecht mit ihm darüber - erinnert ihn daran, daß in einer Beziehung Mann und Frau "ein Fleisch" sind und daß wir uns nicht verführen lassen dürfen von dem, was uns im Alltag der sündigen Welt begegnet. Eine Beziehung voller Liebe und Hingabe ist ein wunderbares, heiliges Geschenk des allmächtigen Vaters.

Der Friede sei mit Euch!

Mittwoch, 1. Juni 2016

Wort für Wort

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,

wie oft lese ich Artikel oder Forumsdiskussionen, in denen die Heilige Schrift als Werkzeug einer brutalen Rabulistik oder Polemik herhalten muß - es ist Beschämend.

Immer wieder bedienen sich die verschiedensten Akteure den Zitaten der Heiligen Schrift, um ihre Ansichten zu untermauern. Es erstaunt mich immer wieder, mit welcher Energie und Akribie die Bibel nach Textstellen durchwühlt wird, welche dann, je nach angedachtem Verwendungszweck, wörtlich oder sinngemäß ausgelegt werden, oder aber speziell aus den verschiedenen Übersetzungen entnommen werden, damit der Wortlaut passt.

Was hier im Grunde genommen passiert, ist ein gröblicher Mißbrauch der Heiligen Schrift zu eigennützigen Zwecken. Es geht gar nicht darum, den Inhalt der Bibel als solchen anzunehmen und zu interpretieren, wie es einem der Heilige Geist eingibt, sondern man nimmt seine eigene Meinung zum Maßstab, und biegt sich den vermeintlichen Inhalt der Heiligen Schrift zurecht.

Bitte denkt darüber nach, liebe Schwestern und Brüder! Wenn ihr mit Bibelzitaten in einen Diskurs einsteigt - geht es Euch tatsächlich um ein wahres Verständnis der Heiligen Schrift, oder wollt Ihr mit der Bibel Eure persönliche Meinung durchzusetzen?

Ich persönlich würde mich schämen, den Anspruch zu erheben, als einziger erkannt zu haben, was irgendeine Textstelle der Bibel final zu bedeuten hat. Und noch mehr würde ich mich schämen, wenn ich das betreffende Zitat  dazu benutzen würde, meine Mitbrüder und -schwestern zu diskreditieren!

Natürlich hat jeder einen bestimmten Eindruck dessen, was die Heilige Schrift für ihn aussagt - das ist für jeden individuell und nicht allgemeinverbindlich. Eine Passage beispielsweise, von hundert Personen gelesen, hat zwar einen festen Grundinhalt, aber einhundert persönliche Perspektiven mit entsprechend erweiterter Aussage. Der Heilige Geist sorgt nämlich dafür, daß die Botschaft der Heiligen Schrift immer so vestanden wird, wie es für den Einzelnen am sinnvollsten ist! Und über diese individuellen Eindrücke kann man durchaus diskutieren - das ist nicht nur spannend, sondern für alle Beteiligten ein Gewinn, weil man den eigenen Erkenntnishorizont erweitern kann, und andere Aspekte kennenlernt.

Nichts anderes haben schon die Kirchenväter vor 2000 Jahren getan, als sich darüber auszutauschen, wie gewisse Dinge aufzufassen seien. Aus diesem Bemühen heraus hat sich ja auch das römisch-katholische Lehramt abgeleitet, daß über Jahrhunderte hinweg seine Inhalte konsolidierte. Hunderte von geistlichen Größen aller Herren Länder haben hier ihren Beitrag geleistet, Diskurse geführt, auf Synoden, auf Konzilien, sich zusammengesetzt und sich geeinigt, um zu verstehen, was die Heilige Schrift einem jeden von uns sagen möchte. Und nicht nur das: Man hat sich auch mit der Frage beschäftigt, wie man die Heilige Schrift lesen sollte - Stichpunkt "Mehrfacher Schriftsinn" (Vierfacher Schriftsinn).

Nun stelle ich aber fest, daß es unzählige Menschen gibt, die sich Christen nennen, und die Bibel lesen wie ein profanes Buch, nach Belieben Zitate aus dem Kontext reissen, und die Inhalte des kirchlichen Lehramtes ablehnen, weil sie der Überzeugung sind, als erste die "echte und einzige Wahrheit" erkannt zu haben. Das ist ein Grundübel vieler charismatischen und freikirchlichen Gruppen, daß jede von ihnen der Überzeugung ist, daß Gott gerade sie dazu ausersehen hat, als einzigste die "Wahrheit" der Heiligen Schrift zu erkennen, und daraus den Anspruch ableiten, eine eigene Kirche oder Gruppe gründen zu müssen. An dieser Stelle muß ich einfach so ehrlich sein, und mein Befremden über alle christlichen Gruppierungen zum Ausdruck bringen, welche Gott auf ein Buch und dessen gedruckte Buchstaben reduzieren wollen!

Liebe Brüder und Schwestern, machen wir uns nichts vor: Entgegen aller böswilligen Behauptungen ist und bleibt die heilige katholische Kirche die älteste, erfahrenste, erste und einzigste Kirche unseres Herrn, da sie von ihm gegründet wurde. Seit zweitausend Jahren lebt diese Kirche, und entwickelt sich kontinuierlich weiter - auch im Verständnis der Heiligen Schrift (z.B. mittels der Lectio Divina).

Verwenden wir also die Bibel nicht als Instrument weltlicher Geltungssucht, Rechthaberei, Machtgier oder Besserwisserei, sondern mit Respekt und heiliger Ehrfurcht. Sie ist das Wort Gottes. Lesen wir sie oft und mit Bedacht, stellen wir ihren Texte immer auch die zweitausendjährige "Lebenserfahrung" unserer Kirche zur Seite, und beten wir um das richtige Verständnis durch den Heiligen Geist. Sprechen und disputieren wir in brüderlicher Liebe über ihre Inhalte, aber mißbrauchen wir sie nicht. Denn das wäre nahezu eine Sünde und Lästerung des Heiligen Geistes, aus dem immer die Liebe Gottes spricht, nie aber menschliche Zwietracht.

Friede sei mit Euch!