Matthäus 7, 21-23

Es werden nicht alle, die zu mir sagen: HERR, HERR! ins Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel. Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: HERR, HERR! haben wir nicht in deinem Namen geweissagt, haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben, und haben wir nicht in deinem Namen viele Taten getan? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie erkannt; weichet alle von mir, ihr Übeltäter! (Matthäus 7, 21-23)

Montag, 23. Mai 2016

Beten wirkt!

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,

heute möchte ich mit Euch über das Beten sprechen. Genauer gesagt: Das Beten als Christ. Ich möchte die Frage beleuchten, warum das christliche Gebet in meinen Augen so besonders ist, und was mich beim Gebet bewegt. Ich will damit versuchen, eine persönliche Antwort auf die Frage zu geben, warum, wofür und wie man als Christ beten kann.

Zunächst einmal ist das Gebet schlicht und ergreifend ein Gespräch mit Gott. Und in dieser Feststellung liegt auch schon das erste wichtige Merkmal des christlichen Gebetes: Wenn ich bete, habe ich die Gewißheit, daß Gott bei mir ist, daß er mich hört, und ich niemals vergebens bete - daß heißt, ich kann sicher sein, daß Gott immer auf meine Anliegen reagiert.  Und ich spreche zu Gott in der Gewißheit, daß er mich nicht nur hört, sondern auch antwortet.

Natürlich antwortet Gott nicht immer so, wie ich mir das so vorstelle: Denn allein er entscheidet, wie er reagiert - ob er zu mir spricht, oder ob er gewisse Dinge in Gang setzt, die sich vielleicht gleich, am nächstens Tag oder erst in Jahren auswirken. Nein, man kann nie sagen, wie Gott im konkreten Fall reagiert, aber eines ist sicher: Er tut es, und es wird immer zu meinem Besten sein. Diese Gewißheit ist es, die mich im Gebet trägt, und die das Gebet so fruchtbar macht.

Denn Beten bewirkt neben seiner eigentlichen Funktion "mit Gott reden" auch noch mehr: Denn wenn ich mit Gott spreche, schenkt mir Gott mitunter auch vieles, worum ich gar nicht direkt gebeten habe, er aber offensichtlich der Meinung ist, es wäre nötig. Das kann Erkenntnis, Inspiration oder Friede und Entspannung sein - Gott wird immer das Richtige tun. Wenn ich also bete, rede ich nicht nur, sondern ich höre auch zu: Ich versuche immer ganz offen zu sein, für das, was Gott mir vielleicht mitzuteilen hat. Die Bibel lehrt uns ja, daß Gott weiß, wessen wir bedürfen, noch bevor wir den Mund aufgemacht haben:
"[...]Euer Vater weiß, was ihr bedürfet, ehe ihr ihn bittet." (Matthäus 6,8)
Um jedoch keinen falschen Eindruck zu erwecken: Gott entscheidet allein und souverän über das, was er uns schenkt oder angedeihen läßt: Er ist der liebende, aber auch sorgende und verantwortungsvolle Vater, der sich all unsere Wünsche und Nöte geduldig anhört, aber letztlich selbst darüber entscheidet, wie, und ob er darauf eingeht.

So sehr auch das Gebet bisher nach einer "kuscheligen" Angelegenheit klingt: Ich muß mir immer wieder bewußt machen, mit wem ich da eigentlich in Kontakt trete: Es ist der Schöpfer höchstselbst!
Unser Vater im Himmel ist derjenige, der das ganze Universum geschaffen hat  - ich spreche mit einem so unendlich höheren und mächtigeren Wesen, als ich es bin, daß eine tiefe Ehrfurcht das allermindeste ist, was ich ihm entgegenbringen sollte und will! Und dazu gehört auch, daß ich erkennen muß, daß ich nur ein kleiner sündiger Mensch bin. Ja: Sündig. Wie wir es alle sind - aber das ist ein eigenes Thema.

Wenn ich bete, dann habe ich immer im Hinterkopf, daß ich mich beinahe täglich gegen mindestens eines der Gebote des Herrn verfehle - sicher: Es mögen für uns Menschen manchmal nur Kleinigkeiten sein, und oft bemerken wir sie nicht einmal recht, aber dennoch haben wir ein Gebot des Herrn nicht geachtet. Eine kleine Unachtsamkeit hier und da reicht schon aus, und wir haben uns verfehlt. Ich könnte an dieser Stelle vielleicht sagen: "Macht nix, Jesus Christus hat mich aus der Sünde erlöst, weil er für mich gestorben ist, und von daher gibt es da keinen Streß..." - Aber ich glaube, das wäre eine Anwandlung von Überheblichkeit und Selbstgerechtigkeit, so zu denken. Nein: Ich will mir meiner Sündhaftigkeit bewußt sein, und ganz offen den Vater im Gebet um Vergebung bitten - allein schon aufgrund meiner Ehrfurcht vor ihm, und vor dem Opfer seines Sohnes, unseres Herrn, Jesus Christus.

Ein weiterer Aspekt des Betens ist die innere Bereitschaft, Gottes Antwort anzunehmen - denn sie kann nicht einfach nur anders oder unerwartet ausfallen, sondern auch sehr hart und konkret. Denn Gott kennt die Zusammenhänge der Welt natürlich sehr viel besser als wir, und wenn er uns helfen will, dann bedarf es mitunter Maßnahmen, die uns unter Umständen zunächst widersinnig erscheinen. Wenn ich beispielsweise für einen besseren Arbeitsplatz bete (ja, auch mit solch "profanen" Dingen darf man zu Gott kommen), dann kann ein Teil von Gottes Hilfe auch sein, daß wir zunächst unseren momentanen Arbeitsplatz verlieren, und eine schwierige Zwischenzeit überbrücken müssen, um dann zum eigentlich Ziel zu kommen. Ja, Gott wird uns niemals etwas Schlechtes bereiten - nur erkennen wir es oft nicht. Daher will ich bei meinen Gebeten absichtlich Geduldig sein - auch wenn es mir  manchmal sehr schwer fällt. Ich will gar keine sofortige und konkrete Hilfe erwarten - wie bei meinem Gärtner, der einen Samen in die Erde setzt, in der Gewißheit, das die Pflanze zwar nicht sofort aus dem Boden schießt, es aber letztlich, nach einer gewissen Zeit, doch tun wird.

Beten will ich aber nicht nur, um Gott jedesmal um etwas zu bitten - ich bete manchmal auch ganz ohne konkreten Zweck. Dann Danke ich Gott einfach dafür, daß er für mich da ist, und mache mich ganz frei und leer in Gedanken - getreu dem Vers aus der Bibel (1. Samuel 3, 8): "Rede Herr, denn Dein Knecht hört." Dann geht es mir wie jener Erzählung von dem Pfarrer von Ars, in dessen Gemeinde ein Gläubiger, bezüglich seiner zeitlich ausgedehnten Anbetung vom Pfarrer befragt wird, erwidert: "Ich schaue den guten Gott an und der gute Gott schaut mich an."

Beim Gebet halte ich mir immer vor Augen, daß ich nur deshalb zum allmächtigen Vater beten kann, weil Jesus Christus es mir möglich gemacht hat: Nur durch sein Kreuzesopfer wurde eine Tür für alle Menschen dieser Welt zu Gott geöffnet, da sie vorher durch unsere Sünden verschlossen war. Jesus Christus hat uns allen durch den neuen Bund die Gotteskindschaft geschenkt! Daher gedenke ich im Gebet stets seines Opfers, seiner Erlösungstat und seiner Worte:
"Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan." (Matthäus 7,7-8)

Und ich denke an den Heiligen Geist - Durch ihn wirkt Gott in der Welt, mit Hilfe seiner Kraft kann ich glauben und Gottes Gegenwart wahrnehmen. Wenn ich bete, dann ist es der Heilige Geist, der mein Gebet für Gott vernehmbar macht - und umgekehrt. Der Heilige Geist - um ihn kann ich Gott bitten, daß er mich erfüllen möge, um mir beispielsweise Erkenntnis oder Inspiration zu schenken: Wenn ich eine Bibelstelle lese, und sie nicht deuten kann, dann bete ich um den Heiligen Geist - und meistens dauert es auch nicht lange und die "widerspenstigen" Verse erschließen sich mir wie von selbst. Oder wenn ich einen Text verfassen möchte, und mir kommen nicht die richtigen Worte in den Sinn: Der Heilige Geist schenkt mir die nötige Inspiration. Egal, um was es geht: Ob Kraft oder Heilung, Entscheidungsschwierigkeiten, Trauerarbeit und vieles mehr - der Heilige Geist, als wirkmächtige Kraft Gottes in dieser Welt, steht mir bei und um ihn kann ich immer bitten, wenn ich mich geschwächt oder unsicher fühle.

Zum Gebet gehört auch die Besinnung: Wenn ich bete und das Gefühl habe, daß Gott mir im Geist geantwortet hat, dann muß ich stets bemüht sein, die "Geister zu unterscheiden" (gemäß Ignatius von Loyola). Hat wirklich Gott zu mir gesprochen, oder habe ich mir selber was zusammengereimt? Das kann sehr schwierig sein, und nicht selten wird man mehr seiner eigenen Einbildungskraft erliegen, anstatt wirklich Gottes "Stimme" gehört zu haben. Dieses Nachsinnen über die Geister kann zu einer regelrechten Meditation werden - wobei ich das Wort nicht besonders mag. Kontemplation ist besser.

Was die Gebetspraxis angeht, habe ich keine feste Regeln: Im Gegensatz zu Gottesdiensten, wo das Beten ja seitens der Liturgie festgelegt ist, ist man im alltäglichen Leben vollkommen frei. Grundsätzliche versuche ich, den ganzen Tag im Gebet zu bleiben. Ununterbrochen geht das allerdings nicht, da die Ablenkungen viel zu zahlreich oder intensiv sind. Jedoch immer, wenn ich für ein paar Augenblicke zur Besinnung komme, bete ich: Beispielsweise auf dem Weg von der Arbeit nach Hause oder beim Einkaufen in der Warteschlange an der Kasse. Selbst abends beim Bier in der Kneipe richte ich mitunter ein Gebet an den Herrn.

Je nach Situation bete ich in einer Kombination aus "offiziellen" Gebeten und eigenen: Wenn ich wenig Zeit habe, rezitiere ich oft ein Ehre sei dem Vater, das Jesus-Gebet oder Ave Maria. Habe ich mehr Zeit, beginne ich einen Rosenkranz, und bete ihn Stück für Stück im Laufe des Tages durch. Ich entscheide nach Gefühl, und oft bete ich auch in freier Prosa zu Gott.

Fast immer bewirkt das Beten eine sofortige Verwandlung: Ich werde ruhig, die Gedanken werden klar, ich habe das Gefühl, als würde meine Seele tief durchatmen. Und je nach Situation, beschenkt mich Gott durch den Heiligen Geist mit dem, wessen ich bedarf: Neue Kraft, Hoffnung, Zuversicht, Ruhe, Erkenntnis....Gott weiß, was mich bewegt, und wenn ich bete, erhört er mich. Ich weiß, ich bin mit Gott, und Gott ist allezeit mit mir durch Jesus Christus, unseren Herrn.

Liebe Brüder und Schwestern, das Gebet ist unsere ganz persönliche Beziehung zu Gott, und als Christen tun wir gut daran, sie entsprechend zu pflegen. Wie heißt es in der Bibel so schön:
"Betet ohne Unterlass!" (Thessalonicher 5,17).

Der Herr segne Euch, und möge der Friede mit Euch sein!

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