Matthäus 7, 21-23

Es werden nicht alle, die zu mir sagen: HERR, HERR! ins Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel. Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: HERR, HERR! haben wir nicht in deinem Namen geweissagt, haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben, und haben wir nicht in deinem Namen viele Taten getan? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie erkannt; weichet alle von mir, ihr Übeltäter! (Matthäus 7, 21-23)

Montag, 6. März 2017

Fastenzeit - die etwas andere Herauforderung

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,

wir befinden uns in der Fastenzeit - die kirchlichen Medien sind prallvoll von Themen rund um das Fasten, aber auch außerhalb religiöser Kreise ist die Fastenzeit keine Unbekannte: Ich höre von verhältnismäßig vielen Menschen, daß sie auf die ein oder andere Art ebenfalls ein Fasten begehen. Die Motivation ist freilich eine andere, und diese meist sehr weltlich - doch soll das mitnichten eine Herabwürdigung derer darstellen, die aus freien Stücken auf einen Teil ihres gewohnten Lebensstils verzichten - denn unbequeme Selbstdisziplin gehört unabdingbar zu jeder Art des Fastens.

Meine Gedanken kreisen an dieser Stelle um die Frage, was das Fasten aus geistlicher, also religiöser Sicht, von jenem einer weltlichen Sicht unterscheidet, und wo jeweils die Herausforderung, aber auch der Nutzen liegt - hätte das Fasten keinen Nutzen (gleichgültig ob weltlich oder geistlich), hätte es sich wohl kaum über die Jahrhunderte in den verschiedensten Kulturen und Religionen immer wieder erhalten. Was also macht das Fasten (aus zeitgenössischer Sicht) aus?

Betrachten wir zunächst das geistliche Fasten: Als Christ fasten wir 40 Tage vor Ostern, in Analogie zu den 40 Tagen, die auch unser Herr Jesus in der Wüste verbrachte. Und da Jesus fastete, also Lust nach Nahrung verspürte, versuchte ihn der Satan. Eine herausragende Analogie: Kennen wir das nicht auch von uns selbst, wenn wir auf etwas enorme Lust verspüren, daß wir plötzlich bereit sind, Dinge zu tun, an die wir normalerweise gar nicht denken? Wenn wir mehr hungern, als wir es aus dem normalen Alltagsleben gewohnt sind, sind wir da nicht viel eher bereit, über unsere herkömmlichen Schranken hinauszugehen, als wenn wir gesättigt sind? Auch uns tritt der Satan gegenüber - meist mit den tollsten Eingebungen und Ideen, wie wir uns "ganz einfach" die gewünschte Befriedigung verschaffen können. Und genau hier setzt die eigentliche Übung des Fastens an: In den Momenten, in denen wir nur nachzugeben bräuchten, um unsere vermeintlichen Bedürfnisse zu befriedigen, eben nicht einzuknicken, sondern uns an Jesus ein Beispiel zu nehmen, und bewußt "Nein" zu sagen.

Liebe Brüder und Schwestern, wie oft geraten wir nicht nur in der Fastenzeit in solche Situationen, in denen wir vor der Entscheidung stehen, etwas zu tun, daß falsch ist -  das nicht recht ist. Beinahe täglich können wir Situationen beobachten, in denen wir "Ja" sagen, wo doch "Nein" viel sinnvoller wäre: Muß das zehnte Bier noch sein? Muß ich mir dieses oder jenes noch kaufen? Muß ich hier eine Lüge auftischen, um interessant zu sein? Unzählige Situationen gibt es da, und wir reden uns immer heraus, wenn wir falsch entscheiden: Das ist schon nicht so schlimm, da passiert doch keinem was, das eine Mal....Ausreden, Ausreden, Ausreden...wohin das Aujgen, oder besser gesagt Ohr, reicht.

Der Satan ist freilich ein enormer Gegner, und wie schwach sind wir im Gegensatz zu Jesus, der Satan hat abblitzen lassen. Wir knicken für gewöhnlich schon bei kleinsten Dingen ein, und merken es oftmals nicht. Und deswegen ist er gerade sinnvoll, daß in der Fastenzeit unsere Aufmerksamkeit sich genau darauf richtet, nicht einzuknicken: An den Stellen, von denen wir wissen, daß wir durch Satan, den Versucher, besonders angreifbar sind, eine Mauer des Glaubens errichten und mit Jesus Christus sagen: Weg mit Dir, Satan! Du hast mich oft genug an dieser Stelle verführt, jetzt aber sage ich Dir: Ich widerstehe Dir! Weg mit Dir Satan!

Erinnern wir uns an die drei Antworten unseres Herrn:

  1. In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.
  2. In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
  3. Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
Unter Punkt 1 erkennen wir hinter dem Begriff des Brotes all unsere körperlichen Begierden: Unsere Unmäßigkeit, unsere Gier - Essen, Trinken, Sex...all das, was uns im Übermaß nicht nutzt, sondern schadet.
Unter Punkt 2 erkennen wir unseren Stolz, unsere Selbstherrlichkeit, unsere Überheblichkeit. Was soll uns denn schon passieren? Wer kann uns denn was? Ich bin so wichtig, so großartig - was kann mir denn schon zustoßen? Wer will sich mir denn in den Weg stellen? Auch anders herum funktioniert es: Ich armer Wicht! Bin ich nicht eh schon Opfer genug? Hat mir das Schicksal nicht schon viel zu grausam mitgespielt? Kann es denn noch schlimmer kommen? Ja: Man kann sich auch im negativen Sinne viel zu wichtig nehmen. Kernpunkt ist: Man leitet einen Anspruch auf den selbstverständlichen Schutz und Beistand Gottes ab.
Unter Punkt 3 letztlich kommt das dickste Ende: Unsere falschen Götter, unser Aberglaube - an Geld, Macht und Ruhm. Wir vergötzen unsere von Menschen geschaffene Werke. Wir vergöttern Fußballvereine, Börsengeschäfte, Mode, Besitz, Macht, Stars und Berühmtheiten; Scheinwahrheiten und Ideologien!

In der Fastenzeit sind wir als Christen nun aufgerufen, uns dieser Dinge ganz bewußt zu werden - und sie ebenso bewußt abzuweisen. Und jedesmal, wenn wir es tun, wenn wir spüren, daß wir uns bewußt der Versuchung widersetzt haben, dann erfüllt uns die Freude unseres Glaubens, daß wir es ein wenig unserem Herrn Jesus gleichgetan haben - daß wir den "Fürsten dieser Welt" Satan in seine Schranken verwiesen haben. Natürlich könnte man sagen: Warum nur in der Fastenzeit? Warum nicht immer? Und tatsächlich wäre es wünschenswert, wenn wir unser ganzes Leben auf diese Weise heiligen könnten - aber das entspricht nunmal nicht unserer menschlichen Natur. Wir sind eben nicht göttlich - wir können nur bestrebt sein, möglichst gottähnlich zu werden. Aber das kostet Kraft und Überwindung - und unsere Ursünde ist ja auch noch da - sie wirkt im verborgenen und bringt uns immer wieder dazu, uns zu verfehlen. Aber hier kommt die Gnade Gottes ins Spiel: Er weiß um unsere Schwäche - er verlangt gar nicht von uns, daß wir göttlich sind. Wir dürfen natürlich unserer Art gemäß schwach sein. Wir dürfen uns verfehlen, denn wir können gar nicht anders, Aber wir sollen uns dessen immer wieder bewußt werden, und aus freien Stücken Buße tun.

Das Fasten ist nun aber nicht ein Opfer, um Gottes Vergebung zu erhalten: Die Vergebung unserer Sünden haben wir ja bereits durch das Opfer Jesu erhalten - nein: Das Fasten ist eine Bußübung: Eine freiwillige Last, die wir auf uns nehmen, um Gott zu zeigen, daß wir um das unermeßliche Opfer Jesu wissen - daß wir wissen, daß er für unsere Sünden gestorben ist, und wir nun diese uns erwiesene Liebe durch eine freiwillige Buße symbolisch erwidern. Ich bin gewiß, meine lieben Schwester und Brüder, nichts bereitet dem Herrn mehr Freude, als wenn wir durch unseren freiwilligen Verzicht seines Opfers gedenken, und ihm zeigen: Ja, Herr: Wir nehmen eine Last auf uns, um Deines Opfers zu gedenken. Wir wollen Buße tun, um Dir zu zeigen, daß wir Dich lieben, und daß wir an Dich glauben, der Du bei uns bist alle Zeit.

Wir sehen, welch tiefe Dimension das geistlich motivierte Fasten hat! Durch vermehrtes Gebet, das Feiern der heiligen Messe, die Beichte, durch die widerstandene Versuchung - durch all das, was wir in dieser Fastenzeit auf uns nehmen, zeigen wir Gott nicht nur unsere Liebe, sondern zeigen gleichsam unser Wissen um unsere Schwächen, und daß wir ihn demütig um Vergebung bitten. Und das wichtigste ist: Wir zeigen es nicht bewußt. Wer im Glauben fastet, der fastet um des Herrn Willen - und muß es nicht demonstrieren oder zeigen (und natürlich auch nicht verstecken). Wichtig ist allein, daß man es für sich selbst weiß, und es ganz unabhängig davon tut, ob die Welt etwas davon mitbekommt oder nicht. Man tut es für Gott - und der bemerkt es auf jeden Fall. Der Rest ist uninteressant - so steht es auch in der Heiligen Schrift (Matthäus 6, 16-18):

"Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten. Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht, damit die Leute nicht merken, dass du fastest, sondern nur dein Vater, der auch das Verborgene sieht; und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten."  
Das Fasten aus weltlicher Motivation hingegen ist etwas vollkommen anderes: Denn hier spielt Gott überhaupt keine Rolle. Das Fasten verdreht sich hier eher zum Spielball des eigenen Ich: Man fastet um z.B. abzunehmen, anderen seine Willensstärke zu demonstrieren oder um lästige Angewohnheiten für eine Zeit loszuwerden. Man kann es drehen und wenden wie man will, das Fasten aus weltlicher Motivation kann immer nur ein Fasten zum Nutzen des eigenen Ich sein: Man verspricht sich etwas davon - einen Nutzen. Einen weltlichen Nutzen. Aber können wir in diesem Falle von einem "Fasten" reden? Von der Fastenzeit können wir reden, natürlich, denn die ist ja per Kalender für jeden nachvollziehbar - aber das Fasten selbst? Fastet man um weltlicher Dinge willen, dann wäre wohl das Wort "Kur", "Abstinenz" oder "Diät" passender - denn mit Fasten hat es nichts zu tun.

Der Friede sei mit Euch!